Sind Sie ein:e Teamplayer:in?
Die meisten unternehmerischen Aufgaben lassen sich nur durch zielorientierte Zusammenarbeit im Team bewältigen. Wie lässt sich die Teamorientierung fördern? Und wie weit sind Sie selbst bereit, in Teamsituationen kooperativ und zielorientiert zusammenzuarbeiten? Checken Sie mit dem Online-Tool zur Erfassung der sogenannten ‘Kollektiven Orientierung’ Ihre Einstellung zur Teamarbeit.
Kollektive Orientierung beschreibt die Tendenz von Individuen, das Wohl der Gruppe über ihre eigenen persönlichen Interessen zu stellen. Diese Ausrichtung ist besonders wichtig in Teams, in denen das Zusammenspiel von verschiedenen Talenten und Perspektiven entscheidend für den Erfolg ist. Wie lässt sich die Teamorientierung im Unternehmen fördern?
Und wie ausgeprägt ist Ihre Teamorientierung? Mit dem ‘Deutschsprachigen Instrument zur Erfassung der Kollektiven Orientierung’ (Hagemann 2020), herausgegeben vom Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID), liegt ein reliables und valides Messinstrument vor. Es erfasst die Neigung einer Person, kooperativ und zielorientiert mit anderen zusammenzuarbeiten. Nutzen Sie nachfolgend das Tool zur Selbsteinschätzung.
Ein Balanceakt zwischen Individualismus und Kollektivismus
In individualistischen Kulturen wird Wert auf persönliche Freiheit, Selbstverwirklichung und individuelle Erfolge gelegt. Hier stehen persönliche Ziele oft im Vordergrund. Im Gegensatz dazu betonen kollektivistische Kulturen Gemeinschaftsgefühl, Teamarbeit und gemeinsame Verantwortung. Im Vordergrund steht das Wohl der Gruppe, der Gemeinschaft.
Die Betonung von Work-Life-Balance, Flexibilität und persönlicher Entfaltung kann als Ausdruck eines individualistischen Ansatzes betrachtet werden. Viele Mitarbeiter:innen, insbesondere jüngere Generationen wie Millennials und die Generation Z, legen großen Wert darauf, dass ihre individuellen Bedürfnisse und Lebensstile respektiert werden. Dieser individualistische Fokus mag mehrere Ursachen haben wie …
- Wachsende Bedeutung der persönlichen Identität: In einer zunehmend globalisierten Welt suchen viele Menschen nach Möglichkeiten, ihre persönliche Identität auszudrücken. Dies führt zu einem stärkeren Fokus auf individuelle Werte, Interessen und Lebensziele.
- Technologischer Fortschritt: Die Digitalisierung hat es einfacher gemacht, Arbeit und Privatleben flexibel zu gestalten. Mitarbeiter:innen erwarten von ihren Arbeitgebern, dass sie diese Flexibilität unterstützen, um das Privatleben uneingeschränkter gestalten zu können.
- Gesundheit und Wohlbefinden: Das Bewusstsein für psychische Gesundheit und Wohlbefinden hat zugenommen. Viele Menschen erkennen die Notwendigkeit, ihre eigenen Grenzen zu setzen und auf sich selbst zu achten.
- Veränderung der Arbeitsverhältnisse: Die Zunahme von Freelancing und Gig-Arbeit hat dazu geführt, dass viele Arbeitnehmer:innen mehr Kontrolle über ihre Arbeitsbedingungen haben möchten, ein Mehr an Selbstbestimmung.
Trotz dieser Verschiebung hin zum Individualismus bleibt die kollektive Orientierung wohl in den meisten Organisationen ein erfolgsentscheidender Faktor. Nur die Bereitschaft der Menschen, ihre Ziele und Handlungen an den Zielen und Erfordernissen des Teams und des Betriebs auszurichten, wird den nachhaltigen Erfolg eines Unternehmens ermöglichen durch …
- Synergie und Knowhow: Eine kollektive Orientierung fördert die Zusammenarbeit innerhalb von Teams und nutzt effektiv individuelle Stärken. Synergien entstehen, wenn Teammitglieder ihre Fähigkeiten kombinieren. In einem kollektiv orientierten Team sind die Mitglieder eher bereit, ihr Wissen und ihre Erfahrungen zu teilen.
- Erhöhte Mitarbeiterbindung: Wenn Mitarbeiter:innen sich als Teil eines Teams oder einer Gemeinschaft fühlen, steigt ihre Loyalität gegenüber dem Unternehmen. Dies führt zu geringerer Fluktuation und damit zu niedrigeren Rekrutierungs- und Schulungskosten.
- Verbesserte Kommunikation: Kollektive Werte fördern eine offene Kommunikationskultur, in der Ideen und Feedback frei ausgetauscht werden können. Dies verbessert die Fähigkeiten zur Problemlösung und Konfiktbewältigung und beschleunigt Entscheidungsprozesse.
- Höhere Motivation und Engagement: Ein starkes Gemeinschaftsgefühl motiviert Mitarbeiter:innen, sich aktiv einzubringen und Verantwortung zu übernehmen. Engagierte Mitarbeiter sind produktiver und tragen zum Gesamterfolg des Unternehmens bei.
- Anpassungsfähigkeit und Resilienz: Unternehmen mit einer kollektiven Orientierung sind oft flexibler und anpassungsfähiger gegenüber Veränderungen im Markt oder in der Branche. Sie sind damit auch in Krisensituationen widerständsfähiger, resilienter. Ein starkes Team kann schneller auf Herausforderungen reagieren und Lösungsansätze entwickeln.
- Positive Unternehmenskultur und Attraktivität: Eine kollektive Orientierung trägt zur Schaffung einer positiven Unternehmenskultur bei, die Vielfalt, Inklusion und gegenseitige Unterstützung fördert. Dies zieht talentierte Mitarbeiter an und verbessert das Unternehmensimage.
Ziel der Unternehmen wird es sein müssen, sowohl individualistische als auch kollektive Anforderungen zu integrieren.
Integration individualistischer und kollektiver Orientierung
Wie kann dieser Balanceakt gelingen? Wie lassen sich Individualismus und Teamorientierung integrieren? Die nachfolgenden Beispiele sollen dazu Anregung geben:
Flexible Arbeitsmodelle
Beispiel: Ein Unternehmen könnte hybride Arbeitsmodelle anbieten, bei denen Mitarbeiter die Wahl haben, ob sie im Büro oder remote arbeiten möchten. Dies ermöglicht individuelle Präferenzen in Bezug auf den Arbeitsplatz, während gleichzeitig Teammeetings und gemeinsame Projekte gefördert werden.
Individuelle Entwicklungspläne
Beispiel: Jedes Teammitglied erhält einen maßgeschneiderten Entwicklungsplan, der persönliche Ziele und Karrierewege berücksichtigt. Gleichzeitig werden regelmäßige Team-Workshops organisiert, um gemeinsame Fähigkeiten zu entwickeln und den Wissensaustausch zu fördern.
Teamziele mit individuellen Beiträgen
Beispiel: Bei der Festlegung von Teamzielen wird jede:r Mitarbeiter:in ermutigt, seine:ihre individuellen Stärken einzubringen. Das Team arbeitet gemeinsam an einem übergeordneten Ziel, wobei jede:r Einzelne für spezifische Aufgaben verantwortlich ist, die seinen Fähigkeiten entsprechen. Klare Rollen und Verantwortlichkeiten innerhalb des Teams helfen den Mitgliedern zu verstehen, wie sie zum Gesamterfolg beitragen können.
Mentoring-Programme
Beispiel: Erfahrene Mitarbeiter:innen können als Mentor:innen für neue oder weniger erfahrene Kolleg:innen fungieren. Dies fördert nicht nur individuelles Lernen und Wachstum, sondern stärkt auch die kollektive Wissensbasis des Unternehmens.
Regelmäßige Feedback-Runden
Beispiel: Implementierung von regelmäßigen Feedback-Sitzungen, in denen sowohl individuelle Leistungen als auch Teamdynamik besprochen werden. Dies schafft Raum für persönliche Entwicklung und fördert gleichzeitig eine Kultur des kontinuierlichen Lernens im Team.
Soziale Veranstaltungen und Teambuilding-Aktivitäten
Beispiel: Organisation von sozialen Events oder Teambuilding-Aktivitäten, die darauf abzielen, Beziehungen zwischen Mitarbeitenden zu stärken. Solche Aktivitäten können sowohl informell (z.B. gemeinsame Mittagessen) als auch formal (z.B. Workshops) sein und helfen dabei, ein Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln.
Anerkennung individueller Leistungen im Teamkontext
Beispiel: Einführung eines Anerkennungsprogramms, das individuelle Beiträge innerhalb des Teams hervorhebt. Zum Beispiel könnte ein:e „Mitarbeiter:in des Monats“ gewählt werden, dessen Erfolge in einem Teammeeting gefeiert werden. So wird Individualität gewürdigt und gleichzeitig die Bedeutung des Teams betont.
Projektbasierte Arbeit
Beispiel: Mitarbeiter:innen können in wechselnden Projektteams arbeiten, die unterschiedliche Fähigkeiten erfordern. Dies ermöglicht es den Mitarbeitenden, ihre individuellen Stärken einzubringen, während sie gleichzeitig lernen, wie man effektiv im Team arbeitet.
Innovationswettbewerbe
Beispiel: Durchführung von internen Wettbewerben, bei denen Mitarbeiter:innen ihre eigenen Ideen für Produkte oder Prozesse einreichen können. Die besten Ideen werden dann in Teams weiterentwickelt, was sowohl individuelle Kreativität als auch kollektive Zusammenarbeit fördert.
Schulungen und Workshops
Beispiel: Regelmäßige Schulungen zu Themen wie Kommunikation, Teamarbeit und persönliche Entwicklung bieten Mitarbeitenden die Möglichkeit, individuelle Fähigkeiten zu verbessern und gleichzeitig das Verständnis für kollektive Ziele zu stärken.
Offene Kommunikationskanäle
Beispiel: Einrichtung von Plattformen (z.B. interne Foren oder Chats), auf denen Mitarbeiter:innen sowohl individuelle Anliegen als auch teambezogene Themen ansprechen können. Dies fördert den Austausch von Ideen und sorgt dafür, dass sich jede:r gehört fühlt.
Gemeinsame Werte definieren
Beispiel: Das Unternehmen könnte Workshops veranstalten, um gemeinsam mit den Mitarbeitenden Unternehmenswerte zu definieren, die sowohl individuelle als auch kollektive Aspekte berücksichtigen. Diese Werte dienen dann als Leitfaden für das tägliche Handeln im Team bzw. im Unternehmen.
Sie wollen als Führungskraft
das Arbeiten im Team fördern?
Ihr Coach und Trainer:
Christian Müller
Psychologe, zertifizierter Coach und Unternehmensberater
Quelle des Testverfahrens
Hagemann, V. (2020). KO. Deutschsprachiges Instrument zur Erfassung der Kollektiven Orientierung [Verfahrensdokumentation und Testbogen]. In: Leibniz-Institut für Psychologie (ZPID) (Hrsg.), Open Test Archive. Trier: ZPID.
https://doi.org/10.23668/psycharchives.4495,
veröffentlicht unter der Creative Commons Lizenz CC BY-SA 4.0
Weiterführende Literatur
Individualismus/Kollektivismus zählt in der interkulturellen Forschung zu einer der Kulturdimensionen nach Hofstede. Die USA neigen beispielsweise zu hohem Individualismus und niedriger Machtdistanz, während in Japan hohe Machtdistanz und kollektivistische Tendenzen vorwiegend sind. Welchen Einfluss nehmen diese Unterschiede darauf, wie in Unternehmen geführt, entschieden, gearbeitet wird?
Hofstede, G.; Hofstede G.J. & Minkov M. (2017). Lokales Denken, globales Handeln. Interkulturelle Zusammenarbeit und globales Management. 6. vollständig überarbeitete und aktualisierte Auflage. München: Beck Verlag.
Wirtschaftspsychologie kompakt für die Praxis: Wie lassen sich Teams erfolgreich zusammenstellen, einsetzen, entwickeln und führen?
Becker, F. (2016). Teamarbeit, Teampsychologie, Teamentwicklung. So führen Sie Teams! Berlin, Heidelberg: Springer.